Unsere diversen Rollen im Kunstbetrieb
Text zu unserem Beitrag zu Marcello Farabegolis und Lucas Gehrmanns Ausstellungsprojekt PARALLEL & KONKORDANT [Parallel Vienna 2017]
Die berufliche Existenz ist wie die private: ein Rollenspiel.
Die Macht des Zufalls wird unterschätzt, die Zielgenauigkeit bei der Auswahl der eigenen Rolle ist illusionär, es ist also keine gute Idee, sich auf eine einzige zu konzentrieren, will man geistig gesund bleiben.
Man schaut sich einschlägig um und sofort macht es Spaß, dem schablonenhaften Regelwerk des Kunstbetriebs etwas giftig auf den Schlips zu steigen: Denn es gibt sie ja, die typischen Künstler*innen mit ihren läppischen Allüren: um nichts besser als die typischen Beamte*innen in ihrer Einfalt, alles Karikaturen ihrer selbst, Witzfiguren eigentlich, es gibt sie alle, diese typischen Erleuchteten und Sendungsbewussten, diese typischen Etablierten, diese typischen Alternativen, diese typischen Kuratoren*innen und Kunstpäpst*innen, diese typischen Sammler*innen und Freundevereinsmitglieder, diese typischen Schriftsteller*innen, diese typischen Galeristen*innen, man erkennt auf den ersten Blick an Gesichtsausdruck und Outfit, auf das erste Hinhören am Jargon, was gespielt wird: peinlich – Zombies, assimiliert und austauschbar durch ihresgleichen.
So wollen wir nicht enden, also zerfleddern wir die eigene Identität.
Unsere Methode ist wie unser Stil: zerrissen.
In der Ambivalenz der eigenen Avatare findet sich die Harmonie des Ganzen.
Der Kunstmarkt reagiert nervös auf schwer Identifizierbares?
Was für andere Katastrophe ist, ist für uns gelungen, für andere mag es Belastung sein, für uns ist es Lust: dass man sich nämlich mit uns nicht auskennt, genauso wenig wie wir mit uns selbst: Was jetzt? Alles und nichts!
Diese Unberechenbarkeit ist allerdings nicht Strategie und nicht Fake, sondern Disposition. Wir werden nur auf diesem Weg glücklich und sterben nicht an Langeweile.
Und man ahnt es: Künstler*in und Kurator*in und Kunstvermittler*in sind nur drei Splitter von vielen, gleichermaßen verantwortungslos-subjektiv ausgelebt.
Und es gibt nichts Verkehrteres, als (auch) nur einen davon ernst oder nicht ernst zu nehmen.
Und es gibt nichts Spannenderes, als täglich neue auszutesten.
Wir arbeiten daran. Und aus der Szene picken wir uns die Rosinen heraus, denn es gibt sie ja nicht zu knapp – sogar im Kunstbetrieb.
GRAF+ZYX 2017